Architects'
Darling
2024
Mit dem Neubauquartier „Am Tacheles“ wird eine jahrzehntelange brachliegende Lücke in Berlin-Mitte geschlossen. Die städtebauliche Entwicklung erfolgt seit Mitte der 2010er Jahre auf Basis eines Masterplans des renommierten Basler Architekturbüros Herzog & de Meuron. Die Fassaden der Gebäude SCAPE, ORO und FRAME sowie die öffentlichen Zwischenräume prägen dabei die handwerkliche Finesse von GIMA-Klinkerfassaden und -Pflastersteinen in speziell entwickelten Ausführungen. Für die gebrochenen Ziegel aller Fassaden wurden drei verschiedene Grautöne speziell entwickelt. Der zugehörige Keramikscherben hat eine Wasseraufnahme von lediglich 1,5 Prozent, was wichtige Auswirkungen auf die Beschaffenheit der gebrochenen Oberfläche hat. Um das passende Bruchbild zu definieren, wurden verschiedene Varianten erprobt. Dabei sollte der Bruch nicht zu rau sein jedoch eine gewisse Haptik aufweisen.
Die neu geformte Stadt
Quartier Am Tacheles
ORO
Das Wohngebäude ORO ist der markanteste Baustein im Quartier. Es schließt an das Fotografiska-Gebäude an, während seine schmale, spitz zulaufende Ecke den Eingang zum Aaron-Bernstein-Platz – einem von drei öffentlichen Plätzen auf dem Areal – darstellt. Das achtstöckige Wohngebäude ORO fällt nicht nur aufgrund seiner außergewöhnlichen, trapezoiden Grundform auf, sondern auch aufgrund der Fassadengestaltung aus hellen Ziegeln und allseitig von Rundbögen gerahmten Fenstern oder Loggien auf. Auf 3.960 Quadratmeter verteilen sich hier 14 Wohnungen mit Größen zwischen 57 und 375 Quadratmetern sowie zwei Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss. Ein geradliniges Pendant dazu bildet die Fassade des Nachbargebäudes FRAME, das sich schräg gegenüber, dem Aaron-Bernstein-Platz zugewendet, präsentiert.
SCAPE
Auf der gegenüberliegenden Seite prägt das Projekt SCAPE den Charakter des neuen Tacheles-Quartiers. Es besteht aus zwei achtgeschossigen Gebäuden, die eine langgezogene Passage sowie einen oktogonalen Platz eindrucksvoll rahmen und über drei aufsehenerregende Gebäudebrücken auf Höhe der sechsten Obergeschosse miteinander verbunden sind. Zur Friedrichstraße bildet das Teilensemble ein Portal aus und einen weiteren repräsentativen Eingang zum Quartier. Rund 31.900 Quadratmeter der Gesamtfläche stehen im Projekt SCAPE für Büros zur Verfügung, die restlichen rund 7.600 Quadratmeter teilen sich Gastronomie und Einzelhandel. Die Fassaden prägt eine filigrane Rasterstruktur aus hellen Klinkern, die als Lisenen aus dem Volumen hervortreten und das Vertikale zusätzlich betonen.
Ein Großteil der Fassaden besteht aus Klinker-Fertigteilen, die bauseits einfach und effizient montiert werden können. Im Vorfeld des Herstellungsprozesses erfolgten außerdem Versuche in Klimakammern, die Aufschluss über das Verhalten des Scherben bei unterschiedlicher Witterung gaben. Ebenso gab es Versuche hinsichtlich der Haftzugfestigkeit und somit der potenziellen Langlebigkeit der in die Fertigteile der Konstruktion eingegossenen Riemchen. Einmal mehr erwies sich das von GIMA erprobte System aus Klinkerriemchen mit an den Rückseiten eingepresster Schwalbenschwanzprofilierung als hocheffizient. Die Riemchen bleiben dadurch unlösbar mit dem Betonkern der Fertigteile verbunden. Insgesamt wurden mehr als 300 verschiedene Steinformen teils in Handarbeit sowie mithilfe von Presswerkzeugen produziert.
Mit Fokus auf
Langlebigkeit
HISTORISCHE BESTANDTEILE
Die bewegte Historie der alten Kaufhauspassage zwischen Friedrichstraße und Oranienburger Straße von 1908 umfasst Phasen diverser Nachnutzungen gewerblich-industrieller oder politischer Natur bis hin zum großen Teilabriss ab 1980 und der anschließenden Besetzung des Restgebäudes durch die Künstlerinitiative Tacheles, die dem Areal seither ihren Namen gibt. Die städtebauliche Entwicklung erfolgt seit Mitte der 2010er Jahre auf Basis eines Masterplans des renommierten Basler Architekturbüros Herzog & de Meuron. Das gemischt genutzte Quartier „Am Tacheles“ deckt künftig alle Parameter einer metropolitanen Lebenswelt ab: Wohnen, Arbeiten, Gastronomie, Einzelhandel sowie Kunst und Kultur verteilen sich auf die zehn Neubauten mit rund 85.000 Quadratmetern Nutzfläche und mehr als 45.000 Quadratmetern Bruttogrundfläche in einem gemeinsamen, unterirdischen Sockelbau. Darüber hinaus bildet das einzige Relikt der historischen Bebauung, das berühmte ehemalige Kunsthaus an der Oranienburger Straße, ein imposantes Eingangstor sowie das frisch sanierte Herzstück des insgesamt 25.000 Quadratmeter Fläche umfassenden Areals.
20% RECYCLINGQUOTE
Bei diesem Großprojekt wurden sämtliche Abfallstücke innerhalb des GIMA-Werks recycelt und der Produktion wieder zugeführt, so dass für das Projekt ein Recycling-Anteil von 20% realisiert werden konnte. Je nach Rohstoffzusammensetzung können unterschiedliche Recycling-Anteile erzielt werden. Unter Berücksichtigung der keramtechnischen Charakteristik der verwendeten Rohstoffe wird die gewohnt hohe Produktqualität mit den geforderten Eigenschaften für Klinker erzielt. Pro Tag werden bei GIMA circa 1.000 Tonnen Rohmaterial verarbeitet. Um die Wiederverwendung von Klinkermaterial zu ermöglichen, wurden unsere eigenen Aufbereitungsanlagen erneuert und optimiert. Hier kann Material sowohl aus interner als auch externer Herkunft verarbeitet werden. Zur Herstellung von Recyclingklinkern können verschiedenste Produkte aus unserer Produktion eingesetzt werden. Geeignet sind hier beispielsweise Klinkerbruch, der bei jeder Produktion unvermeidbar ist, Klinker, die aufgrund eines Überschusses nicht verbraucht wurden oder Klinker, die sortenrein rückgebaut wurden.
Highlights
aus dem Quartier
Jedes Detail zählt
Harmonische Bodenflächen
CERPIANO+ Terrassensystem für Loggien
In den Loggien des Projekts Oro kam als Bodenbelag außerdem das GIMA-Terrassensystem Cerpiano+ zum Einsatz. Die Dielen aus Ton erhielten ebenfalls eine Sonderfarbe sowie eine projektspezifisch entwickelte Oberfläche mit einer Nut. Zum sorgfältig komponierten Bild des gesamten Ensembles gehören auch die Zwischenräume, Plätze, Passagen und Wege, die sich durch das Quartier wie Lebensadern hindurchziehen. Neben neu gepflanzten Bäumen kleiden die öffentlichen, halböffentlichen oder privaten Außenräume helle Pflasterklinker, die mal einheitlich gereiht, mal zu konzentrischen Mustern gruppiert wurden.
Pflasterklinker in Grau und Rosé
Auch die hierfür verwendeten Steine stammen aus dem Hause GIMA. Dabei wurden für alle Pflasterflächen zwei neue Farben entwickelt in den Tönen Grau sowie einem hellen Rosé. Zum Einsatz kam ein Sonderformat mit den Maßen 192 x 192 x 80 Millimeter sowie spezielle Rinnensteine im Format 192 x 230 x 80 Millimeter. Die ebenfalls individuell entwickelten Scherben erreichen eine Biegebruchlast von mehr als 300 N/mm². Die Pflasterklinker entsprechen außerdem in allen Belangen den höchsten Ansprüchen der DIN EN 1344 und übertreffen in ihrer Qualität diese sogar um einiges.
Die zehn Neubauten bilden ein homogen gestaltetes Ensemble, deren Grundtonalität sich bis in die Zwischenräume aus Plätzen, Wegen und Passagen durchzieht. Herr Mergenthaler vom Architekturbüro Herzog & de Meuron erklärt hierzu: Der historische Grundriss wurde dabei ziemlich genau übernommen, inklusive dieses interessanten Gelenks, das früher ein kreisrunder Platz unter einer hohen Kuppel war. Die Passage war komplett überdacht, aber das wollten wir nicht wieder aufgreifen. Das gibt es an anderen Stellen in Berlin und es funktioniert meist nicht besonders gut. Aber eine offene Ladenstraße mit einer gewissen Dichte, wo man den Elementen ausgesetzt ist, das kann funktionieren (Quelle: BauNetz – baunetzwissen#633 – 16.11.2023).
Quartier am Tacheles
Projektübersicht
Projektname: Quartier am Tacheles, Berlin
Auftraggeber: pwr development GmbH
Architektur: Herzog & de Meuron, Basel
Landschaftsarchitektur: Vogt Landschaft GmbH, Berlin
Fertigstellung: 2023
Farbe: Sonderfarbe Grau
Fassade: GIMA – Klinker und Klinkerriemchen im Sonderformat
Boden: Terassensystem Cerpiano+, GIMA-Pflasterklinker Sonderformat 192 | 192 | 80 mm und Rinnensteine 192 | 230 | 80 mm
Fotomaterial: Koy + Winkel